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Channel: Schülertexte – Lehrerzimmer
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Variationen auf Walter Moers

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Eine Fingerübung für Zwischendurch. Ich glaube ja, dass man auffällige Sprache dann besser analysieren kann, wenn man Beispiele dafür auch mal geschrieben hat. Hier sind Variationen auf Walter Moers‘ Märchenroman Der Schrecksenmeister (der seinerseits eine Variation auf „Spiegel, das Kätzchen“ von Gottfried Keller ist). Das Original beginnt mit einer Schilderung vom „krankesten Ort in ganz Zamonien“, hier Schülerprodukte aus der Oberstufe, kleinere Rechtschreibfehler verbessert:

Stellt euch den sportlichsten Ort von ganz Zamonien vor! Eine kleine Stadt mit Laufbahnen als Straße und Hochsprunganlagen auf den Dächern, über der ein sportliches Schloss mit mutigen Athleten thronte. In der es die verrücktesten Sportarten und waghalsigsten Wettkämpfe gab: Wasserlaufen, Granatenbillard, Messeressen, Alligatorschleudern, Dächerdreisprung, Lavaschwimmen, Hammerfangen, Extremcouching, Tsunamisurfen und Phantomjonglieren.
Stellt euch eine Stadt vor, in der es mehr Fitnessstudios und Orthopäden, Sportfachgeschäfte und Hantelstangen, Muskelberge und Knochenbrüche gab als sonst wo auf dem Kontinent! In der man sich mit einem Salto begrüßte und mit Liegestützen verabschiedete. In der es nach Schweiß und Mut roch, nach Ehrgeiz und Eiweißshakes, nach Sieg und Niederlage.

Stellt euch den sportlichsten Ort von ganz Zamonien vor! Eine große Stadt mit breiten Straßen und hohen Häusern, über der ein riesiges Stadion auf einem grünen Hügel thronte. In der es die seltsamsten Sportarten und kuriosesten Sportgeräte gab: Diskusfangen, Stabtiefsprung, Bungee-Falling, Karateschach, Fingeryoga und Rollstuhlmarathons. Schwerathletik, die nur Personen über 200 kg betrieben. Wettschlafen, das jeden Montag um 20 Uhr begann und [bei dem] derjenige gewann, der am längsten schlief.

Stellt euch den sportlichsten Ort von ganz Zamonien vor! Ein riesiger sechseckiger Sportplatz mit Zickzacklaufbahnen, unendlich langen Wettwurfreihen und hohen Kanistern fürs Sandzählen. Ein großer Vorrat an aufgesammelten Leuten fürs Menschenstapeln fehlt natürlich auch nicht. Für eine kurze Auszeit kann man sich zu der Wasserwiese fürs Zehenyoga oder die Haargymnastik begeben. Für die Fitten unter uns ist Tischschwimmen und Fingerturnen der perfekte Ausdauersport. Nicht verpassen darf man das tägliche Barrenhandballspiel, doch auch für die Herren ist der Schminkweitwurf der perfekte Sport für Zwischendurch.

Stellt euch den leckersten Ort von ganz Zamonien vor! Eine kleine Stadt mit Lakritz-Straßen und Lebkuchenhäusern. In der es die besten und einzigartigsten Gerichte gab: Gummibrot, Schokoladenchips und Speckjoghurt. Honig-Cola, die nur Personen verkleidet als Bienen herstellen.
Stellt euch eine Stadt vor, in der es mehr Supermärkte, Süßigkeitenläden und Gummibären gab als sonst wo auf dem Kontinent! In der man sich mit „Hunger?“ begrüßte und mit „Guten Appetit!“ verabschiedte. In der sich süß und salzig, sauer und bitter vermischten.

Erstaunlich, wie viele erfundene Wörter gar keine sind (Schwerathletik, Rollstuhlmarathon) und wie viele scheinbare Neologismen schon längst durch diverse Industrien belegt sind: Haargymnastik, Finger-Yoga, Fingerturnen. Was kommt als Nächstes, E-Sports?

(Davor hatten die Schülerinnen und Schüler einzeln Krankheits-Neologismen erstellt, wie sie bei Moers‘ Original verwendet werden. „Herzrosten“ ist mein Favorit.)

Nachtrag:

Stellt euch den leckersten Ort von ganz Zamonien vor! Eine kleine Stadt mit Zuckergussstraßen und Lebkuchenhäusern, über der ein cremiges Lakritzeschloss auf einem Gummibärchenberg thronte. In der es die deliziösesten Speisen und kulinarischsten Spezialitäten gab: Schokoladenspeck und Gänsekuchen, Erdbeerbraten und Leberlikör, Eierpralinen und Kalbfleischkonfitüre.
Eine Zwergensuppe, die für Personen unter einem Meter Körperumfang gedacht war. Stellt euch eine Stadt vor, in der es mehr Supermärkte und Marmeladenrestaurants, Spargelstecher und Kartoffelmetzger, Gummibärchenzüchter und Pralinenmaler gab als sonst wo auf dem Kontinent! In der man sich mit „Guten Appetit!“ begrüßte und mit „Gute Verdauung!“ verabschiedete. In der es nach süß und salzig roch, nach sauer und bitter, nach scharf und mild.


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